Facetten der Liebe – eine Erinnerung

Es schmerzt schon ein wenig, seine eigene Großmutter, die dich 20 Jahre ihres Lebens oft behütet hat, nun im Altersheim zu besuchen. Wenn man nun derjenige ist, der seiner Großmutter aus einem Buch mit Kurzgeschichten und Szenen aus dem Alltag, teilweise nur zwei Seiten lang, vorliest, weil sie es selbst nicht mehr kann.

Das Lesen und das Wahrnehmen, alles wird schwerer und alles macht unglaublich müde. Manche Dinge strengen dann nur noch an. Und alle Geschichten handeln vom Thema der Sorgen und der Umgehensweise mit dem Tod geliebter Personen. Das Vertrauen in Gott ist am Ende des Lebens doch ein Star in der literarischen Cuisine. Es kommen viele Erinnerungen beim Vorlesen auf, wie zum Beispiel ein heißer Tag, so wie heute, auf der Terrasse des Hauses der Großmutter, welches damals noch ihr gehörte, bevor sie nicht mehr fähig war alleine im Haus zu leben und auf der wir mit unserer Omi so oft im Sommer Eis aßen. All die Ferien, die wir bei ihr verbrachten. Und versorgt hat uns alleine unsere Omi.
Und nun sind wir es, die jeden Tag zum Altenheim gehen und sie besuchen kommen. So viel sozialen Kontakt wie jetzt hatte unsere früh verwitwete Großmutter dann anscheinend doch nicht gehabt. Obwohl jeder Besuch ein schöner ist, denn Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen, dieses Erlebnis enthält nun einmal wirklich wahre Schönheit, trotzdem fühle ich eine gewisse Melancholie.

Sei es ein schon vorversetztes Trauern, das jetzt schon begonnen hat oder einfach nur die Tatsache, dass Altenheime zwar halb liebevoll eingerichtet sind, doch trotzdem nur auf engen Raum untergebrachte alte Menschen beherbergt, die zeitweilen bis zu ihrem endgültigen Scheiden aus dem Leben nur noch ein eingeschränktes Dasein haben. Schaut in die Altenheime der Gesellschaft, sie sind der Spiegel der Gesellschaft eurer eigenen Zukunft! – Ich frage mich, ob ich, so wie unsere Omi gerade lebt, auch leben wollen würde am Ende meiner Tage.
Eines aber haben Großeltern unserer Generation immer, sie haben ein durchaus spannendes und erfahrungsvolles Leben hinter sich. Alle einschneidenden Erlebnisse des zwanzigsten Jahrhunderts sind doch ein stückweit mitgelebte Geschichte. Die Reisen in einer Welt voller Wandel bergen unglaubliche Lebenswege und unvorstellbare, Sehnsucht erweckende Abenteuer oder Gefühle.

In einer friedlichen Umgebung im Süden von München soll es also zu Ende gehen. Das Sinnerfüllte Leben, welches man in doch recht vollen Zügen – mal schneller, mal langsamer – genossen hat, neigt sich vor dem Ungewissen. Das Ungewisse vor einem. Wohin führt die Tür, durch die man schreitet? Bis sich der geheimnisvolle Schleier hebt, bleibt nur eins: das Warten. Und welche Gefühle verspürt man dann beim Warten? – Ungeduld, Angst, Vertrauen in etwas Höheres, Schuld, Trauer, Wut, aber auch Zufriedenheit, Glück, Besonnenheit und Liebe. Man durchlebt eine ganze Gefühlsachterbahn. Das Auf und Ab der Gefühlswelt können so anstrengend werden und ermüden einen schließlich. In der Bewertung der Gefühle und in der Bewertung des hinter sich liegenden Lebens, aber überwiegt am Ende überraschenderweise das Positive.

Für alle Nahestehenden beginnt leider Gottes eine teils wehmütige Zeit. Ein Mensch entschwindet und entzieht sich aus deiner Macht mit ihm Kontakt aufzunehmen, wann immer du es eben wolltest. Dieser Schmerz braucht Zeit, viel Zeit. Wie überwindet man ihn? Wann hört er auf oder hört er jemals auf? –
Und dem anderen Teil unseres eigenen Ichs bleiben nur noch die Erinnerungen an alle gemeinsame Zeit, die man durch Zufall oder durch Gott geschenkt bekommen hatte. Und eines überdauert ebenfalls: die unendliche Liebe.

Ich wünsche Ihnen noch eine nachdenkliche und positv erholsame Zeit!

Gründer Matthias Hong Phuoc Budesheim
i.A. des La Budés-Teams

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Dieser Beitrag wird auch in der nächsten Magazin-Ausgabe erscheinen, welche dieses Mal den Titel „Liebe, Partnerschaft und Beziehung“ tragen wird.

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